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Das Alter eines Weins erkennen

Es gibt verschiedene Anhaltspunkte, mit denen man das Alter eines Weines mehr oder minder akurat schätzen kann. Hier ist natürlich die Erfahrung und Fähigkeit des Verkosters von größter Bedeutung.
Aber ein paar grundlegende Hinweise helfen garantiert bei der Eingrenzung.

 

Alle hier genannten Indikatoren sind immer abhängig von der Rebsorte, der Weinqualität, der Entwicklung des Weines, der Lagerung des Weines und äußerer Einflüsse bei der Beurteilung.

 

Wie verändert sich die Farbe von Wein bei
zunehmender Reife?

 

Schon bevor man das Glas an die Nase führt, kann man einiges am Wein ablesen. Hierbei sammelt man die ersten Indizien. Denn die besonderen Einflüsse von Rebsorte, Anbau bzw. die Reife der Trauben, das Keltern (Maischestandzeit / Rappenanteil), sowie der Ausbau in Fässern oder Tanks können einen mitunter ganz schön in die Irre führen. 

 

Die Faustregeln zur Farbe von Wein:

 

Je dicker die Traubenschalen, je reifer die Trauben, je länger die Maischestandzeit und je oxidativer der Ausbau, umso dunkler und dichter werden die Weine in ihrer Farbausprägung. 

 

Weißweine werden mit den Jahren immer dunkler - die Farbe ändert sich mit zunehmender Oxidation von einem gelb-grün mit silbrigem Ton zu einem dunklen goldgelb mit bernstein- bis bräunlichem Ton. Die Farbdichte nimmt zu.

 

Roséweine werden mit den Jahren immer heller - die Farbe ändert sich mit zunehmender Oxidation von einem pink bis lachsrosé zu einem Zwiebelschalen ähnlichen, Braunton. Die Farbdichte nimmt ab.

 

Rotweine werden mit zunehmender Oxidation immer heller - die Farbe ändert sich von einem purpur-rot / eher violettem Ton zu einem granatrot mit bräunlichem Ton. Umso reifer, umso brauner die Farbe des Rotweins. Die Farbdichte nimmt ab. Rotweine werden also tendenziell heller. Außerdem stellt sich mit den Jahren ein transparenter Rand ein. Dies geschieht bei Rotweinen mit geringer Farbdichte schon nach 2-3 Jahren, bei Weinen mit hoher Farbdichte kann dies auch 10 oder mehr Jahre dauern. Dieser wässrige Rand, in dem keine Farbpigmente mehr gelöst sind, wird mit zunehmendem Alter immer breiter.

 

 

Wie verändert sich der Geruch von Wein bei zunehmender Reife?

 

Beim Bouquet [Bukeh] bekommt man weitere Hinweise, die einem helfen das Alter eines Weines  zu bestimmen, oder zumindest einzugrenzen. Auch hier sind wieder Besonderheiten bestimmter Rebsorten, Fermentations- & Ausbaumethoden sowie die Abfüllung (mit oder ohne Schwefel) sowohl hilfreiche, als auch tükische Indikatoren zur Bestimmung des Weinalters.  

 

So herrschen bei jungen Weinen oft ausschließlich Primär- und Sekundäraromen vor. Also Aromen die aus der Traube direkt und aus der Fermentation herstammen. Gereifter Wein wird häufig eher von Tertiäraromen im Geruchsbild bestimmt. 

 

Wo bei jungen Weinen oft das Aroma von frischen Zitrus-, Stein-, Kern-, Beeren-, tropischen und exotischen Früchten dominieren, werden bei kurzgereiften Weinen (2-5 Jahre) die "terroirbedingten" Aromen von bspw. rauchigem Schiefer,  nasser Kreide, torfigem Lehm oder eisenhaltigem Sandstein langsam in den Vordergrund treten. Schon immer in den Weinen enthalten, zeigen sich nun diese delikaten Aromen deutlicher, die in der Jugend oft von den üppigeren Fruchtaromen überdeckt werden. 

 

Sind die Weine erstmal ein paar Jahre gereift, treten neben kandierten und getrockneten Früchten  (besonders bei warmen Jahren) auch nicht selten abgefahrenere Aromen auf, wie getrocknete Blumen, Tee, Karamell, Toffee, Balsamico, Soja-Sauce, geräuchertes- oder geröstetes Fleisch, Gewürze, Teer, Pferdeschweiß (Brett), Pilze und Waldboden. Diese Aromamoleküle, wurden vorher auch nur überdeckt, oder bilden sich durch Umwandlung der langkettigen Duftmoleküle durch oxidative Prozesse mit dem im Wein gelösten Sauerstoff.

 

Dies geschieht bei einigen Weinen schon recht früh nach 2-3 Jahren, bei anderen erst nach 5-8 Jahren. Auch immer abhängig von der Weinqualität im Allgemeinen, vom Grad der Oxidation während des Weinwerdungsprozesses und den Lagerungsbedingungen im Speziellen.

 

UPPJEPAASST FRÜNDE: Naturals, also Weine die ohne oder nur mit minimaler Schwefeldosis abgefüllt wurden, zeigen auch häufig schon in der Jugend Aromen, die man sonst nur von gereiften Weinen kennt. Achtet hier besonders auf die Farbe und das Mundgefühl. Mit zunehmendem Alter, können diese Weine durch ihre niedrigen pH-Werte und langem Ausbau auf der Hefe wiederum sehr viel jünger erscheinen. Tricky!

 

ACHTUNG FALLE: Weissweine, die ganz, oder zum Teil auf der Maische vergoren wurden zeigen schon in jungen Jahren besagte Aromen. Merkt man allerdings easy an der Farbe (meist mit feinem bis intensivem Orangeton) und auch an der Gerbstoffstruktur im Mund.

 

Ist der Wein drüber, so wirkt er in der Nase entweder lasch, stumpf oder stechend. Häufig treten bei Weißweinen Aromen von nasser Blumenerde, nasser Pappe oder Dosenchampignons auf. Bei überlagerten Rotweinen erkennt man entweder kein Bouquet mehr oder es zeigt sich ein stechender Ton der an Nagellackentferner oder Essig erinnert.

 

Im Allgemeinen sind Essignoten ein eindeutiger Beweis für den Verfall.

 

 

Wie verändert sich der Geschmack von Wein bei zunehmendem Alter?

 

Auch der Geschmack eines Weines entwickelt sich mit zunehmender Flaschenreife.

Generell lässt sich sagen, dass die Säure für gewöhnlich harmonischer wird, sich besser einbindet. Analytisch lässt sich das hingegen nicht feststellen. Die Säurewerte bleiben stabil. Aber vom sensorischen Gefühl wirkt die Säure im Wein weicher.

Vorsicht hier bei Weinen mit sehr hohem Äpfelsäure-Anteil. Die bleibt; und die vermittelt jugendliche Frische! Hier genau auf die Aromatik achten. Bei übermäßigen Tertiäraromen hat der Wein schon eine Zeit auf dem Buckel.

 

Die Restsüße im Wein wird mit den Jahren v.a. bei restsüßen Weinen deutlich weniger wahrnehmbar. Auch hier verändert sich der nominelle, analytische Wert nicht, oder wenn dann nur marginal. Fruchtige Aromen, mit denen Süße häufig assoziiert wird treten jedoch in den Hintergrund und bitterschmeckende Aromen, wie Tee oder Tabak treten deutlicher hervor. Somit wird der sensonrische Gesamteindruck als weniger Süß wahrgenommen.

 

Bei trockenen Weinen, die mit ein paar Gramm Restzucker und/oder alkoholischer Süße daherkommen kann der Eindruck gegensätzlich sein. Hier wird in jungen Jahren die Süße mit Frucht assoziiert. Fällt die Fruchtaromatik weg, steht die vorher garnicht wirklich wahrnehmbare Süße plötzlich "daneben". Der Wein wirkt unharmonisch.

 

Tanine werden mit der Zeit weicher . Die bei jungen, im Holzfass ausgebauten Weinen oft übliche Adstringenz, das austrocknende Gefühl nimmt mit der Zeit ab.

 

ACHTUNG: Grüne, also unreife Tannine bleiben grün. Auch Tannine aus grobporigem, nicht gut abgelagerten Holz werden nie gänzlich abgebaut. Auch dies kann eine jungendliche Frische sugerieren, obwohl es im Endeffekt nur von "mangelnder" Weinqualität zeugt. Auch diese Erkenntnis ist hilfreich, da es Hinweise auf den Jahrgang, das Anbaugebiet und den Stil des Winzers geben kann. Dies setzt natürlich einiges an Trinkerfahrung voraus. 

 

 

 

Mein Tip zum bestimmen des Weinalters

Begrenze dein Urteil auf Andeutungen, besonders wenn Du dir nicht ganz sicher bist. Bspw. bei einem Wein mit geringer Säure und Aromen von gekochten Früchten: Aus warmem Jahr. Bei Wein mit intensiver Säure und grüner Aromatik: Aus kühlem, eher unreifem Jahr. Versteift euch nicht auf einen bestimmten Jahrgang, sondern nennt eine Periode, bspw. Ende 2000er.

 

 

 

Allgemein gilt

Wein ist zum Trinken da. Zum Genießen. Um sich zu begegnen. Er kann den Geist beflügeln, sollte aber nicht "tot- diagnostiziert" werden. Es lenkt vom eigentlichen Zweck ab, dem Genuss des Erlebten und der Begegnungen mit der Welt um sich herum. Das ist nur etwas für (sich selbstüberschätzende) Dampfbläser, die sich selbst gerne reden hören, oder (b) alte Leute (meist Herren), die vermeintlich alles erlebt haben. Sommeliers sind natürlich davon ausgeschlossen, immerhin ist es ihr Beruf Geschichten zu erzählen und Weine zu analysieren.

 

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