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Pflanzenschutz im Weinbau

Heilsbringer. Hassobjekt. Mysterium.

Die Rebsoldaten wollen gut geschützt werden! Meist mit Pestiziden. Viel Pestiziden.

Die moderne, industrialisierte Landwirtschaft wäre ohne Pflanzenschutz nicht möglich. So zumindest die Denke. Doch was ist dran am Thema Pflanzenschutz? Im folgenden Artikel brechen wir das Thema mal auf und schauen uns an was alles dazu gehört, welche Alternativen es gibt und wie sinnvoll eine gänzliche Ablehnung, oder bedingungslose Befürwortung ist. Soviel kann ich schon sagen, zwischen Schwarz und Weiß gibt es unzählige Schattierungen von Grau. Wie im deutschen Herbsthimmel, der meinen Blick gerade immer wieder auf sich zieht. Aber eins nach dem anderen.

 

Zur Warnung vorab: Das Thema ist umfangreich und gespickt mit langweiligen Begriffen aus der Chemie. Aber als Lohn gibt es Detailwissen satt. Wir schlüsseln hier umfangreich auf, damit man nicht immer über das Gleiche redet, ohne dasselbe zu meinen.

 

Was ist Herbizid?

Welche Arten gibt es?

Welche Alternativen gibt es?

 

Was ist Fungizid?

Welche Arten gibt es?

Welche Alternativen gibt es?

 

Was ist Insektizid/Akarzid?

Töten die nicht die Bienen?

Welche Alternativen gibt es?

 

Was ist Pflanzenschutz überhaupt?

Zum großen Begriff Pflanzenschutz gehören alle Mittel, die dem Schutze der zu kultivierenden Pflanze dienen. Also recht irreführend nicht zum Schutze aller Pflanzen da sind, sondern ausschließlich zum Schutze der ‚richtigen‘ Pflanzen. Und diese bedürfen durchaus Schutz. Die Welt ist gefährlich für Reben und ihre Träubchen! Um das kostbare Gut zu schützen gibt es allerlei Mittel. Diese gehören (chemisch) zur Familie der Pestizide. Dazu gehören Herbizide. Fungizide. Insektizide. Akarzide.


Auf die jeweiligen ‚-Zide‘ wird im Folgenden eingegangen. Dabei liegt auch ein besonderes Augenmerk auf den Alternativen zum Einsatz von HerbizidenFungiziden und Insektiziden. Denn hier gibt es viel was die Winzer in der 'Monokultur Weinberg' für den Erhalt der natürlichen Flora und Fauna tun können, ohne die Früchte ihrer Arbeit zu riskieren.

 

Was sind Herbizide und wofür werden sie im Weinbau eingesetzt?

Herbizide (lat. herba = Kraut, Gras und lat. caedere = töten) sind im landläufigen Sprachgebrauch synonym mit Unkrautvernichtern.

 

Zu dieser Gruppe an 'Pflanzschutzmitteln' gehören neben dem allseits bekannten und meistgenutzten Roundup (Wirkstoff Glyphosat) einige andere, die ich im Folgenden (der Vollständigkeit halber) kategorisiere und dessen Wirkungsweise im Ansatz erkläre.

 

Man kann den Einsatz dieser Mittel in fast allen Anbaugebieten weltweit beobachten. Die Rebreihen sehen aus, als würden Sie auf Wüstenboden stehen. Kein grünes Blättchen trügt den Blick auf den Boden. Alles sauber – totgespritzt. Wer meint dies nur bei Weinbergen für günstige Massenware beobachten zu können ist schief gewickelt. Denn auch bei den groß-klingenden Weinbergslagen, aus denen Weine produziert werden die für beträchtliche Summen über die Ladentheke gehen sieht es zuweil nicht anders aus.

Beispiel eines herbizidalen Amoklauf. Ein Armutszeugnis für den Winzer und in D. eig. verboten. Einzelfall? |Quelle: Martin Kössler

Welche Arten von Herbiziden werden im Weinbau eingesetzt?

Herbizid ist nicht gleich Herbizid. Die Unterscheidung wird hier nach Ihrer Wirkungsweise getroffen. So gibt es systemisch-wirkende Mittel, die über Blätter und/oder Wurzeln aufgenommen und in der Pflanze verteilt werden, als auch reine Kontaktmittel, die mit ihrem Wirkstoff nur die besprühten Flächen beeinflussen.

 

Blattherbizide:

Blattherbizide sind systemisch wirkende Mittel. Sie werden auf die grünen Blätter aufgetragen und dann durch die Lebensadern der Pflanzen transportiert. Die komplette Pflanze stirbt ab und wird braun. Grund dafür ist in den meisten Fällen:

 

Glyphosat. Ein nichtselektives Mittel mit systemischer Wirkung gegen einjährige und ausdauernde Kräuter und Gräser. Die Aufnahme erfolgt über die grünen Pflanzenteile und wird in der Pflanze weitertransportiert. Die Wasserlöslichkeit ist gering, der Abbau erfolgt in relativ kurzer Zeit. Nach meiner Zählung gibt es auf dem Markt über 70 verschiedene zugelassene Unkrautvernichter, die diesen Wirkstoff als Hauptanteil enthalten.

 

Bodenherbizide:

Bodenherbizide werden großflächig zwischen den Reihen aufgebracht und über die Wurzeln der ‚Unkräuter‘ aufgenommen.

 

Napropamid wird über die Wurzel aufgenommen. Wirkt gegen Ackerfuchsschwanz, einjähriges Rispengras, sowie Gräser und zweikeimblättrige Unkräuter*.

 

Propyzamid wird hauptsächlich über die Wurzel aufgenommen. Wirkt gegen Gräser und Vogelmiere. Wird im Spätherbst angewandt um genügend Feuchtigkeit zur Aufnahme zu haben. Die Wirkungsdauer beträgt etwa 2-6 Monate.

 

Blatt- und Bodenherbizide:

Diese Art der Herbizide wird, wie der Name schon vermuten lässt, sowohl über Blätter als auch über die Wurzeln aufgenommen.

 

Flazasulfuron (Wirkstoff Sulfonylharnstoff) stoppt sehr schnell das Wachstum, die Absterbesymptome werden jedoch erst nach 3-6 Wochen sichtbar. Hervorzuheben ist vor allem die Wirkung im Vorauflauf bei ein- und zweikeimblättrigen Samenunkräutern.

 

Flumioxazin ist ein nichtselektives Blatt- und Bodenherbizid mit Kontaktwirkung. Es hemmt die Chlorophyllbildung. Großflächig auf die Böden aufgetragen wirkt es im Kontakt zwischen wirkstoffhaltiger Oberbodenschicht und den jungen, durchstoßenden Gräsern bzw. Unkräutern.

 

Herbizide gegen Stockaustriebe:

Stockaustriebe sind, wie der Name schon sagt, Austriebe aus dem Stockbereich der Rebe. Es sind kleine Triebe, die keinen nennenswerten Aufwand bedeuten, aber weil auch nicht nützlich entfernt werden. Diese werden für gewöhnlich bei Auftreten, da nicht bei allen Reben vorhanden, während den Laubarbeiten händisch im Weinberg ausgebrochen. Aber auch hierfür gibt es Mittel, die ein Absterben zur Folge haben.

 

Carfentrazone (Wirkstoff Carfentrazone-ethyl) unterbindet direkt die Photosynthese der getroffenen Blattpartien. Es wirkt als reines Kontaktmittel nur auf den grünen Pflanzenteilen und wird nicht in der Pflanze transportiert.

 

Pyraflufen (Wirkstoff Pyraflufen-Ethyl) wirkt durch Hemmung der Chlorophyllbildung bei der Photosynthese. Es wirkt als reines Kontaktmittel nur auf den grünen Pflanzenteilen und wird nicht in der Pflanze transportiert.

 

Das Problem der Bodenverdichtung in einem Bild. Der gleiche Weinberg nach 110mm Regen in 2 Tagen. Links eine Parzelle die per Hand und mit dem Pferd bearbeitet wird - Rechts eine Parzelle, die mit dem Traktor bearbeitet wird. | Quelle: Oronce de Beler

Welche Alternativen gibt es zu Herbiziden im Weinbau?

Die endlosen Diskussionen über Herbizide im Weinbau –allen voran Glyphosat– zeigen deutlich, dass im Bereich der Unkrautbekämpfung nach neuen Wegen gesucht werden muss. Als gängigste Methode Unkräuter auf nicht-chemischem Wege zu bekämpfen ist der Einsatz von mechanischen Hilfsmitteln, die den Bereich unter und zwischen den Reben „pflegen“. Dabei wird entweder gerupft, gemäht, oder aber das Erdreich mechanisch umgewälzt, um so Unkräuter zu entwurzeln. Permakulturen gelten als die wohl umweltverträglichste Alternative zu Herbiziden.

 

Welche Vor- und Nachteile haben diese Alternativen zu Herbiziden?

ALLES hat Vor- und Nachteile. Ist ein taoistisches Prinzip. Hab ich mir nicht ausgedacht.

 

Was sind die Vor- und Nachteile mechanischer Untertockpflege mit schwerem Gerät

Vor allem die Bewirtschafter von Steillagen (steiler als 20°) schreien bei jeglichen Alternativangeboten häufig laut „Stop!“ und klagen über erhebliche Nachteile in der Produktion gegenüber dem Einsatz von chemisch-synthetischen Spritzmitteln. Steillagen sind zwar mit modernen Hilfsmitteln maschinell zu bewirtschaften, aber geschieht dies nicht händisch mit dem Fadenmäher, so ergeben sich tatsächlich erhebliche Nachteile. Das größte Problem neben der Bodenverdichtung durch mehr Überfahrten und dem Verletzungsrisiko des Rebholzes, ist eine stark erhöhte Erosionsgefahr durch das Umwälzen, sei es mit der Scheibe oder der Rollhacke. Der Regen, der sich an der Laubwand sammelt und in Strömen unter die Stöcke fließt spült ggf. einfach alles die steilen Hänge hinunter.

 

Auch die nicht-Steillagen Winzer klagen ihr Leid, wegen der häufiger nötigen Überfahrten mit schwerem Gerät. Daraus würden neben der höheren Bodenverdichtung auch ein erhöhter Dieselbedarf resultieren. Wie Umweltfreundlich ist das denn? Der Dieselverbrauch ist wiederum in CO2-Equivalente umzurechnen. Die Anzahl der Überfahrten ist bei der mechanischen Unkrautbekämpfung höher, keine Frage. Der Dieselverbrauch dementsprechend auch. Es fällt also mehr CO2 an. Die Vielzahl an Pflanzen im Weinberg wiederum binden mehr CO2. Auch durch einen höheren Humusgehalt im Boden wird auch mehr CO2 gebunden. Mir liegen allerdings keine genauen Daten zur Klimabilanz der verschiedenen Methoden vor. Aber selbst wenn es sich im CO2 Verbrauch die Wage halten sollte, gibt es bei der einen Methode ohne Herbizide ein mehr an Humus im Boden und potentiellen Lebensraum für Nützlinge, bei der Pflanzenschutzmethode mit Herbiziden verbrannte Erde.

 

Was sind die Vor- und Nachteile mechanischer Untertockpflege per Hand

Die einzig valide, mir bekannte Alternative zu chemischen Unkrautvernichtern ist ein Mehr an Handarbeit. Denn nur so können die Negativeffekte wie erhöhter CO2-Ausstoß (durch mehr Diesel) und, vlt. noch wichtiger, die erhöhte Erosionsgefahr (durch umwälzen des Bodens am Unterstock) ausgeschlossen werden. Aber Handarbeit kostet, muss also auf den Preis pro Flasche umgelegt werden. Ach wäre es schön, könnte man davon ausgehen, dass teurere Weine auch automatisch ohne Herbizide im Weinberg produziert wurden. Dem ist leider nicht so; nicht mal ansatzweise.

 

Was sind die Vor- und Nachteile der Unterstockpflege mit Permakulturen

Auch Permakulturen bieten eine, wenn nicht DIE umweltverträglichste Alternative zu Herbiziden. Permakultur versteht die Natur als ein sich selbst regulierendes System. Hier werden neben dem Einsatz kleinerer Weidetiere (je nach Verfügbarkeit: Schafe, Ziegen, Lamas, Kängurus) ganz bewusst Pflanzen, wie z.B. das Dukatenröschen unter und zwischen den Stöcken ausgesät. Pflanzen wie diese sorgen dafür, dass andere, höherwachsende Beikräuter, die eine Gefahr für die Traubenzone darstellen könnten sich nicht durchsetzen. Jedoch bilden auch diese Pflanzen durch ihren Bedarf an Wasser und Nährstoffen eine Konkurrenz zur Rebe. Dadurch wiederum würde der Ertrag gemindert. Ob dies für den Qualitätsweinbau ein Gewinn ist steht auf einem anderen Zettel. Für mich als Wein-Liebhaber – allemal! Denn weniger Ertrag = mehr Extrakt = mehr Geschmack. Dafür allerdings auch höhere Preise. (#abwägendesSchulterzucken-emoji)

 

Was ist positiv an Herbiziden im Weinbau?

Wenn man Herbiziden etwas Positives abverlangen kann, dann ist es ihre brutale Effektivität und die im Vergleich zu Alternativen durchaus relevante Kosteneffizienz. Das kann einem schonmal Respekt abverlangen. Herbizide machen Weine im Schnitt also günstiger. Aber um welchen Preis?

 

Was ist negativ an Herbiziden im Weinbau?

Herbizide töten Pflanzen. Diese Pflanzen stehen der Fauna somit weder als Nahrungsmittel noch als Lebensraum zur Verfügung. Dementsprechend haben diese Pflanzen keinen Einfluss mehr auf das Leben im Boden und bilden keinen Humus mehr. Die Tragweite und Wichtigkeit des Humusgehaltes im Boden werde ich an anderer Stelle ausführen. Muss vorerst beim Thema bleiben.

 

Immerwieder hörte ich und las viel während der Recherche zu diesem Text, dass ein nachhaltiger Qualitäts-Weinbau ganz ohne Herbizide nicht möglich sei. Ich wiederum frage mich: Wie nachhaltig kann etwas sein, das die natürlichen Kreisläufe im Ökosystem Weinberg völlig außer Acht lässt und ganz bewusst aussetzt? Noch habe ich keine schlüssige Antwort gefunden, aber -wem es interessiert-versprochen, ich suche weiter!

 

Was sind Fungizide und wofür werden sie im Weinbau eingesetzt?

Fungizide (lat. Fungus = Pilz und caedere = töten) sind Gifte, die gegen Pilzbefall wirken. Und Pilzbefall ist in unseren Breiten wohl die größte Gefahr für den Weinbau.

 

Botrytis (Grauschimmel) ist dabei wohl noch der harmloseste Pilz, der uns mit seinem Auftreten zum richtigen Zeitpunkt -kurz vor der Lese- sogar besondere edelsüße Spezialitäten erzeugen lässt. Allerdings ist ein Auftreten zur falschen Zeit, nämlich während den frühen Phasen der Traubenreife durchaus problematisch, da der Grauschimmel die Traubenschalen perforiert und die Traube somit den Schutz vor Verdunstung verliert. Die Trauben trocknen ein.

 

Ein weiteres Problem sind echter- und und falscher Mehltau. Oidium (echter Mehltau) und Peronospora (falscher Mehltau) müssen in allen deutschen Anbaugebieten bekämpft werden. Und nicht nur da. Auf der ganzen Welt sind diese zwei Pilzkrankheiten ein Feind jeder Rebe. Nur in sehr ariden Regionen brauchen sich Winzer nicht vor diesen Trauben-Killern zu fürchten.

 

Deshalb sind in Deutschland/der EU über 30 verschiedene Mittel  zugelassen um dem Druck der Pilzkrankheiten Herr zu werden.

 

Pilzkrankheiten, die für den Weinbau (besonders) gefährlich sind:

  • Botrytis (Grauschimmel)
  • Oidium (echter Mehltau)
  • Peronospora (flascher Mehltau)
  • Phomopsis (Phomopsis viticola)
  • Roter Brenner (Pseudopezicula tracheiphila)
  • Schwarzfäule (Guignardia bidwellii)
  • Essigfäule
  • Esca
  • Eutypiose (Eutypa lata)
  • Grünfäule (Penicillium expansum)
  • Weißfäule (Coniothyrium diplodiella, Hagelkrankheit)
  • Rosafäule (Trichothecium roseum)

 

Welche Arten von Fungiziden werden im Weinbau eingesetzt?

Insgesamt sind über 30 verschiedene Mittel in Deutschland für den Weinbau zugelassen. Die Arten von Mitteln die zum Schutz der Reben vor Pilzbefall im Einsatz sind werden wieder nach ihrer Wirkungsweise und der Aufnahme durch die Reben eingeteilt.

 

Die protektiven Fungizide entfalten nur dann ihre Wirkung, wenn die Reben vor der Einwirkung von Pilzsporen besprüht wurden. Des Weiteren sind die kurativen Fungizide zu nennen, die ihre Wirkung auch gegenüber Pilzen in bereits befallenen Reben entfallten können. Und zuletzt die eradikativen Fungizide, die einen bereits etablierten Befall stoppen können.

 

Kontaktmittel

Diese Wirkstoffe werden aufgesprüht, dringen aber nicht in die besprühten Reben ein. Sie reagieren mit den Pilzsporen, ohne durch die Pflanzen aufgenommen zu werden. Der Vorteil: In den Pflanzen bleibt nichts von diesen Mitteln zurück. Der Nachteil: Selbiges, denn da die Wirkstoffe an der Oberfläche verbleiben, können sie durch Regen oder Hagel einfach abgewaschen werden.

 

Was sind die meistgenutzten Kontaktmittel gegen Pilzkrankheiten im Weinbau?

Elementarer Schwefel und Kupfer, häufig in Verbindung mit Kalk und Backpulver sind die gängigsten Mittel, die als einzige in der EU auch für den Bio- und biodynamischen Anbau zugelassen sind.

 

Tiefenwirksame Mittel

Diese Wirkstoffe dringen bis zu einem gewissen Grad in das damit behandelte Gewebe ein. Manche gelangen nur in die obersten Schichten (Wachsschicht oder Kutikula) und bilden dort ggf. ein Depot, andere dringen in tiefere Schichten der Blätter oder Beeren vor und können in der ganzen Pflanze verteilt werden. Unter diesen Mitteln gilt es also nochmals zu unterscheiden.

 

Lokalsystemisch

Der Wirkstoff wird von grünen Reborganen aufgenommen, wird aber nicht weitertransportiert.

 

Teilsystemisch/mesostemisch

Der Wirkstoff wird von der Rebe aufgenommen, aber nur in geringem Ausmaß verteilt.

 

Translaminar

Der Wirkstoff wird auf der behandelten Seite vom Rebblatt aufgenommen und gelangt bis zur unbehandelten gegenüberliegenden Seite. Verschiedene Wirkstoffe bilden in der Wachsschicht ein Depot, aus dem heraus die Wirkstoffe verteilt und in tiefer gelegene Blattbereiche eindringen können.

 

Systemisch

Der Wirkstoff wird teilweise oder vollständig über das Blatt oder die Wurzel aufgenommen und vom Transportsystem der Pflanze verteilt.

 

Welche Alternativen gibt es zu Fungiziden?

Keine. Denn wie Gerald Wehe, Sprecher der NATURLAND e.V. so treffend sagt: "Wir brauchen das Kupfer auch für die Ökolandwirtschaft. Im Obst- und Weinbau müssen wir ansonsten mit erheblichen Einbußen oder sogar Totalausfällen rechnen." 

 

Dabei gibt es schon Alternativen die genutzt werden. Eine Anwendung von Backpulverpräparaten gegen Oidium ist durchaus auch im konventionellen Weinbau sinnvoll. Es schont die Umwelt und treibt das Antiresistenzmanagement voran.

Flächendeckender Schutz vor Schädlingen in den Weinbergen vor Stuttgart | Quelle: Stuttgarter Nachrichten | Foto: Kraufmann

Was sind Insektizide/Akarzide und wofür werden sie im Weinbau eingesetzt?

Insektizide sind die Mittel, die Insekten töten. Akarzide sind eine spezielle Form der Insektizide, die gegen verschiedene Arten von Milben wirken.  In Deutschland sind zurzeit 15 verschiedene Mittel zugelassen um die Reben gegen unterschiedliche Schädlinge zu schützen.

 

Welche Schädlinge müssen im Weinbau bekämpft werden?

  • Traubenwickler [Heuwurm (1.Generation-) und Sauerwurm (2.Generation der Larven)]
  • Springwurm
  • Spinnmilben
  • Kräusel- & Blattgallmilben
  • Grüne Rebzikade
  • Schildläuse
  • Thripse
  • Reblaus

Aber sind Insektizide nicht auch schädlich für Bienen?

Nicht alle Insektizide sind grundsätzlich auch tödlich für Bienen. Dabei gibt es schon besonders bienenschädliche Insektizide, die deshalb laut Statuten nicht auf blühende Bestände ausgebracht werden dürfen. Allerdings kann man Abdrift der Spritzmittel, wie auf den Fotos oben zu erahnen garnicht vermeiden.

 

Spin Tor (Wirkstoff Spinosad) hilft gegen Traubenwickler, aber auch gegen die Kirschessigfliege, den Rhombenspanner und auch den Springwurm und erfreut sich deshalb großer Beliebtheit. Wen interessieren schon ein paar Bienchen, wenn es um den Erhalt der Nahrungsgrundlage geht?

Envidor (Wirkstoff: Spirodiclofen) gegen Spinnmilben ist auch besonders bienenschädlich und killt auch die nützliche Raubmilbe.

 

Welche Alternativen gibt es zu Insektiziden/Akarziden im Weinbau?

Es gibt verschiedene Methoden um den Bedarf an Insektiziden im Weinberg zu minimieren.

 

Gegen den Traubenwickler werden z.B. in fast allen deutschen Anbaugebieten großflächig Pheromone in den Rebzeilen verteilt. Diese Duftstoffe (Sexualpheromon der Traubenwickler-Weibchen) verwirren die männlichen Vertreter der Traubenwickler, so dass diese die Weibchen nicht mehr finden können. Die Befruchtung bleibt aus und die Traubenwickler können sich nicht vermehren. 
No shagging in the vineyards!

 

Eine weitere Alternative bieten, auch für den biologischen Weinbau zugelassene Präparate des Bacillus Thuringiensis. Dieses im Boden und auf den Reben auch natürlich (in sehr geringen Mengen) vorkommende Insektizid sorgt dafür, dass die Falter und Schmetterlinge, zu denen auch der Traubenwickler gehört verenden. 

 

Ansonsten: Die natürlichsten Alternativen zu Insektiziden sind Nützlinge, die natürlichen Feinde der Schädinge. Dazu gehören zum Beispiel Raubmilben & Wanzen (Orius) sowie der Kugelkäfer, die sich besonders vor der Verpuppung effektiv gegen Milben zeigen. Marienkäfer, Florfliegen und Schwebfliege kümmern sich mehr oder minder verlässlich um Blattläuse. Jedoch ist deren Aktionsradius nicht auf den Weinberg begrenzt. Und wenn das Nahrungsangebot anderweitig reichhaltiger ist, werden die Nützlinge weiterziehen. 

 

So oder so braucht es für diese Nützlinge Lebensraum in Form von Blüh- und ökologischen Vorrangsflächen. Das sind potentiell die Gassen zwischen den Rebzeilen oder nicht bewirtschaftete Teile der Weinberge, die mit blühenden Pflanzen eingesät sind. Von diesen Flächen aus können die Nützlinge ihre Raubzüge unternehmen um die Larven der Schädlinge zu fressen. Die Distanz dieser Blühflächen ist laut Studie der Julius-Maximilian Universität in Würzburg ein entscheidender Faktor für eine effektive, natürliche Schädlingsbekämpfung. Umso dichter die natürlichen Habitate der Nützlinge an den vor Schädlingen zu schützenden Pflanzen liegen, umso besser.

 

Umso wichtiger wird diese Alternative von Insektiziden im Bezug auf den Einsatz von Herbiziden. Denn will man einen natürlichen Schutz vor Schädlingen, muss im Weinberg weitestgehend auf die Nutzung von Herbiziden verzichtet werden.

 

Schwefel, in elementarer Form, ist ein weiterer Schutz gegen Insekten, da die benetzten Teile der Pflanze für Schädlinge ungenießbar werden. So die aktuelle Lehre des DEMETER-Verbandes für biologisch-dynamische Landwirtschaft.

 

Ein letztes Mittelchen gibt es noch, was jedoch in seiner Wirkung als umstritten angesehen wird. Dabei werden Rombenspanner in den Rebflächen gesammelt, verbrannt und die Asche potenziert. Sprich in einem aufwendigen Verfahren mit anderen Inhaltsstoffen in einer Brühe angerührt und energetisiert. Manche (auch namenhafte) Bio-dynamiker schwören auf deren Effektivität gegen weitere Rombenspanner, andere gestehen zumindest dem Absammeln der bereits im Weinberg befindlichen Rombenspannern einen Effekt zu.

Ein Paradis für Insekten - Biodiversität im Weinberg | Quelle: demeter.de

Habe ich was vergessen? Hinterlass mir doch bitte einen Hinweis.

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